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Karl Kraus

“Seit langem zieh ich durch die Lande, ganz Österreich hat mich schon gehört, von aller Welt, von jeglichem Stande ward stets durch Beifall ich geehrt”, heißt es in einem Gedicht von Karl Kraus, das auf seine zahlreichen Vortragsabende Bezug nimmt. Aber er weiß auch, daß es Leute gibt, “die sich giften”, wenn er vors Publikum tritt, “und les ich gar aus eignen Schriften, da kenn ich manchen, der zerspringt.” Karl Kraus (1874–1936) war einer der gefürchtetsten, aber auch meistgelesenen Kritiker, Satiriker und Chronist seiner Zeit, und wen er in seiner “Fackel” polemisch und sprachmächtig mit ätzendem Spott bedachte, hatte schlechte Karten. Zu ihnen gehörte Österreichs Bundeskanzler Johann Schober, der 1927 als Wiener Polizeipräsident für die blutige Niederschlagung des sogenannten Juli-Aufstands verantwortlich war. Auslöser für die Revolte war ein Gerichtsurteil, gegen das die Arbeitermassen Sturm liefen, vor den Justizpalast zogen und ihn in Brand steckten.

Daraufhin erteilte Schober Schießbefehl. Das Ergebnis war ein Massaker, dem auch viele unschuldige Straßenpassanten zum Opfer fielen. Die traurige Bilanz: neunzig Tote und rund tausend Verletzte. Der empörte Kraus ließ nun Plakate drucken, auf denen er den Polizeichef zum Rücktritt aufforderte. Ferner erhob er schwere Anschuldigungen gegen die Polizei, bezichtigte sie der Lüge, der Fälschung, des Amtsmißbrauchs. Seine Hoffnung, Schober werde ihn verklagen und vor Gericht ziehen, erfüllte sich nicht. Kraus schrieb daraufhin “Die Unüberwindlichen”, ein satirisches Theaterstück. Darin findet sich das Schoberlied, das Kraus auf seinen Leseabenden vor Arbeitern unter großem Jubel vortrug und in dem er, zur Melodie des Radetzkymarsches und Mozarts “Üb immer Treu und Redlichkeit” seinen Kontrahenten Schober zitiert: “Ich kann wahrlich von mir sagen, daß ich mein ganzes Leben lang nichts als meine Pflicht getan habe, weil dies und nichts anderes meine Pflicht ist.”

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