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Wenzel & Mensching

Hans-Eckardt Wenzel ist ein vielseitiger Künstler. Als Berufsbezeichnungen gibt er Musiker, Autor, Schauspieler und Regisseur an. Den Begriff 'Liedermacher' mag er nicht. Wenzel wurde 1955 in Kropstädt bei Wittenberg (Sachsen-Anhalt) geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er 1976 bis 1981 an der Berliner Humboldt-Universität Kulturwissenschaften und Ästhetik und gründete mit Kommilitonen das Liedertheater Karls Enkel, eine der produktivsten Gruppen der DDR-Liedszene (1976-1985).

Eine besonders spektakuläre Produktion des Liedertheaters Karls Enkel war die 'Hammer=Rehwü', ein Gemeinschaftsprogramm mit dem Duo Beckert & Schulz und der Folkloregruppe Wacholder, in dem Klischees aller Couleur persifliert und Wachsein und Widerstand im Alltag angemahnt wurden. An diesem skurrilen Spektakel schieden sich die kulturpolitisch verantwortlichen Geister. Hier zeigte sich beispielhaft die unterschiedliche Praxis im Umgang mit politisch provokanter, unangepaßter Kunst. Einerseits präsentierte man die 'Rehwü' erfolgreich beim Festival des politischen Liedes, andererseits belegten die Bezirksbehörden in Cottbus die Gruppe Wacholder wegen der Mitwirkung an diesem Projekt mit einem Auftrittsverbot. Nach Meinung der dortigen Offiziellen stellte das Programm eine Herabwürdigung und Verleumdung der DDR und deren Repräsentanten dar. Nach Intervention des Kulturministeriums wurde das Verbot jedoch aufgehoben. Die 'Rehwü' wurde dann noch drei Monate lang in verschiedenen Städten der DDR gespielt und schließlich auf der Zentralen Leistungsschau der Unterhaltungskunst vorgestellt. Die Fans jubelten, aber Fernsehen und Rundfunk ignorierten das Programm, nur einige Zeitungen und Zeitschriften berichteten darüber. 1993 wurde das Stück noch einmal für zwei Aufführungen rekonstruiert. Aus dem dabei entstandenen Mitschnitt stammt die Aufnahme des Berlinliedes.

Die beiden Protagonisten des Liedertheaters Karls Enkel waren Hans-Eckardt Wenzel und Steffen Mensching. Ab 1982 traten sie auch als Clownsduo auf. Mit dem Programm 'Neues aus der Da Da eR' kreierten sie eine bis dato in der DDR nicht gekannte Mischung aus Clownerie und Philosophie, aus Spott und Melancholie. Die Clownsmaske gab ihnen ein Stück Narrenfreiheit. Eine Art Abgesang auf die DDR wurden ihre Programme 'Altes aus der Da Da eR' (1988) und 'Letztes aus der Da Da eR' (1989). Allein schon die Veränderungen, die das Lied Dankchoral zwischen Oktober 1988 und November 1989 erlebte, sind eine Chronik der Wende. "Ich bin in diesem Land geboren. Da es sich intellektuell definiert hatte, hielt ich es für einen interessanten Ort und habe am Anfang einen Großteil seiner Utopien geteilt", sagte Wenzel. Er lebte "die Doppelexistenz, einerseits das Land zu mögen und gleichzeitig zu hassen", wollte sich kritisch ins System einmischen, aber das System wollte diese kritische Einmischung nicht. Es war kein Zufall, daß Wenzel zum Hauptautor der Resolution wurde, mit der Rockmusiker und Liedermacher im September 1989 Veränderungen einforderten. Am 4. November 1989 sangen Wenzel & Mensching bei der großen Demonstration auf dem Alexanderplatz, und 1990 wurde 'Letztes aus der Da Da eR' verfilmt.

Die Stücke Halb und halb und Dankchoral stammen aus dem Programm 'Altes aus der Da Da eR'. Die vorliegende Aufnahme des Dankchorals entstand bei einer Aufführung am 11. Januar 1989 in der Berliner Akademie der Künste. Nach der Wende brachten Wenzel & Mensching noch neun weitere Clownsprogramme auf die Bühne, darunter 1993 'Der Abschied der Matrosen vom Kommunismus'. 1999 machten sie Schluß, denn sie hatten das "Gefühl, in einer Konstellation wie der der Clownsfiguren alles gesagt zu haben".

Wenzel konzentrierte sich jetzt auf die Musik und arbeitete ab 2000 mit einer Band. Er erhielt mehrere Preise, darunter den Deutschen Kleinkunstpreis und den Preis der deutschen Schallplattenkritik. 2002 vertonte er eine Reihe von unveröffentlichten Texten der amerikanischen Singer/Songwriter-Legende Woody Guthrie. Er trat damit nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA auf. Die amerikanische Zeitschrift 'Sing Out!' schrieb über ihn: "Stellen Sie sich vor, Woody Guthrie trifft auf Bertolt Brecht und Kurt Weill mit einer Prise des musikalischen Einfühlungsvermögens von Tom Waits und der Klezmatics."

Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.4, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.4-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html

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